Testanlagen werden installiert

150 Meter misst die erste Windkraftanlage unweit von Questin. Genaue Bauzeiten sind einzuhalten, doch manchmal pfeift der Wind dazwischen. Hoch ragen der Turm und die drei Rotorblätter in den Himmel – weithin sichtbar in der Landschaft in Nähe des Grevesmühlener Ortsteils Questin. 100 Meter über den sich im Wind wogenden Getreidehalmen laufen die Rotorblätter in der Nabe zusammen. Jeder Flügel 50 Meter lang – plus Turmhöhe ergibt das 150 Meter. Dort oben pfeift der Wind noch kräftiger als unten übers Feld – aber die modernen Windmühlenflügel drehen sich nicht, stehen noch auf Stopp. "Es ist alles extrem windanfällig", sagt Sebastian Grimm, Projektleiter für die vorläufig zwei Windkraftanlagen, die von der Kenersys Europe GmbH auf dem Acker bei Questin aufgebaut werden. Die K100, die größere der beiden Anlagen, ist aufgebaut. Zwischendurch waren auch mal die Arbeiten unterbrochen. Also warten auf "Windlöcher" oder ganz abflauenden Wind. Dann verschieben sich schon die Arbeitszeiten – die Monteure kennen das. "Aber der Kranfahrer hat das letzte Wort, wenn der sagt is nich, dann is auch nich", sagt der 31-jährige Projektleiter. Ein 600-Tonnen-Kran muss schließlich Super-Lasten hochhieven: 91 Tonnen wiegt das Maschinenhaus mit Nabe, Generator und Getriebe; 70 Tonnen die größte Einzelsektion des Turmes. In dreieinhalb Tagen, bis kurz vor Pfingsten, stand der K100 auf seinem Stahlbetonfundament mit 15 Metern Durchmesser. Auf ähnlichen Kenersys-Baustellen in Göteborg und Gotland war er schon dabei, hier in Nordwestmecklenburg trägt er erstmals allein die Verantwortung. "Und das hier bei Questin ist ein extrem wichtiges Projekt", betont Grimm. Sowohl, um Kunden die Praxistauglichkeit zu zeigen als auch für eigene Weiterentwicklungen im neuen Wismarer Werk. Bei den Bauarbeiten und der dazu benötigten Technik kostet jede Stunde, jeder Tag viel Geld. "Deshalb ist ein gutes logistisches Knowhow ganz entscheidend", sagt Bauingenieur Grimm. Und deshalb sei auch die räumliche Nähe zu anderen Betrieben wichtig. "Es war für uns von vornherein klar, Aufträge an regional ansässige Firmen zu vergeben", sagt der Projektleiter. Zum Beispiel sind H.N.Krane Rostock, Balmer-Spezialtransporte Holthusen, Bau-Union Wismar (Wege und Fundamente) und KGW Schwerin (Turmsektionen) dabei. "Die Zusammenarbeit klappt gut, das geht fachmännisch zu", sagt Grimm. Dabei: Die bis zu 65 Meter langen Schwertransporte irgendwie durch die engen Straßen Grevesmühlens zu bugsieren, stellte sich als unmöglich heraus. Ein Gutachten ergab, es geht aber von der B 105 bei Gostorf durch den Questiner Wald bis auf die genehmigten Standorte. Die Waldwege wurden auf 4,50 Meter verbreitert und mit einem Recyclinggemisch befestigt, das solche Lasten aushält und die Wege instand hält. "Ich sage nur Hut ab vor den Fahrern, die ihre Kolosse hierher lenken", sagt der Projektleiter. Unternehmenssprecher Jochen Weick verwies gestern auf LN-Anfrage darauf, dass vom Staatlichen Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Schwerin die Baugenehmigung erteilt wurde. Es gibt Gutachten zu Umwelt, Schattenwurf und Schall. "Alles ist ordnungsgemäß geprüft und genehmigt." Auch die Bürgerinitiative gegen die Windanlagen habe weitergehende Informationen erhalten. In der Nacht zum heutigen Donnerstag brummten wieder Schwerlaster durch den Wald. Grimm muss dafür sorgen, dass jedes Teil in richtiger Reihenfolge anrollt. Dann soll zum Wochenende die kleinere der beiden Windanlagen stehen – wenn der Wind nicht durch den Zeitplan pfeift

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